6. Das Erntefest
Mittlerweile befinden sich Anna und Sina schon zwei ganze Monate im Reich des Normannenkönigs. Die anfangs fremde Sprache ist ihnen nun einigermaßen geläufig, daher können sie sich mit den Einheimischen nun gut verständigen. Und auch der Name des Königs ist ihnen nun wohl bekannt: Skarun Ærverdig. Sie leisteten König Skarun stets gute Dienste, so dass er im Gegenzug kleine Kämmerchen für die beiden Schönheiten einrichten ließ, in denen sie sich angemessen zur Ruhe betten konnten und somit nicht mehr im Kerker angekettet werden mussten. Diese Schlafgemächer befanden sich in einem Anbau seitlich der großen Halle mit dem Thron des Königs. Man gewährte ihnen einen guten Blick auf den riesigen Hof, der für Festivitäten des Königshauses diente. Man konnte sagen, dass es so den Frauen leicht fiel sich ihrem Schicksal hinzugeben. Ja, sie fühlten sich mit der Zeit schon fast
heimisch. Aber der beste Trost war es, so oft in Gegenwart eines gut-aussehenden jungen Königs zu seien. Nun ergab es sich, dass die Normannen ein Erntefest feierten. Die Tage waren bereits kürzer, der erste Schnee fällt hier üblicherweise wenige Wochen nach dem Fest. Dies sollte ein besonderes Fest sein, zumindest für Anna und Sina. Denn der König befahl, dass sie als seine Dienerinnen in seiner Nähe sitzen sollten. Während Sina des Festes frohlockte, beschlich Anna des Nachts am Vorabend des Festes ein ungünstiges Gefühl. Sie träumte, dass ihr ein fürchterliches Missgeschick unterliefe, was den Herrscher sehr erzürnte. Doch dann war der Traum auch schon vorbei und ließ Anna nur mit offenen Fragen zurück. Am nächsten Tag konnten die beiden des emsige Treiben der Gefolgschaft aus den Fenstern ihrer Kammern betrachten. Die Diener des Königs bauten ein Podest auf, richteten Stühle und Tische aus. Ein Feuer wurde entfacht und zwei große Schweine, die auf Spieße steckten, wurden darüber gehangen. Daneben stapelte man Brennholz. Zwei starke Männer rollten Fässer mit Met herbei, wobei das letzte Fass einem der beiden über den Fuß rollte. Jaulend lief er umher. Doch so schlimm war seine Verletzung nicht, denn er schnappte sich alsbald einen Ast vom Brennholzstapel und jagte dem anderen damit hinterher. Am Abend klopfte es an der Tür bei Anna. „Unsere Majestät hat mich beauftragt, euch dieses Gewand zu überreichen. Ihr sollt es zum Feste tragen.“ Sie reichte ihr ein langes grünes Kleid und verschwand. Anna probierte es sofort an und betrachtete sich im Spiegel. Es gefiel ihr, was sie sah. Das Kleid betonte ihre weiblichen Rundungen. Eine halbe Stunde später wurde sie abgeholt und auf den Hof geführt, alleine hätte sie nicht gehen dürfen, denn das war ihr allzeit verboten – schließlich war sie offiziell noch immer Gefangene. Wenige Augenblicke später brachte man auch Sina – in ein gelbes Gewand gekleidet – hierher. Es hatten sich schon sehr viele Menschen versammelt. Kaum ein Platz war frei, der Thron jedoch war noch unbesetzt, wie sie gut sehen konnten, da man sie direkt zur linken gesetzt hatte. Plötzlich bließ man ein Jagdhorn und König Skarun Ærverdig erschien. Er hielt eine kurze Ansprache, in der er seinen Dank für die gute Ernte den Göttern aussprach. Dann konnte das Fest beginnen. Die Wikinger stürzten sich auf das Essen. Nach dem sich alle gestärkt hatten, erklangen heitere Melodien.Mittlerweile war das Fest wohl im Gange, die Menschen tanzten ausgiebig, sangen und erzählten, wobei sie scheinbar ohne Unterlass ihren Met tranken. Der König reichte auch Anna einen Becher voll des alkoholischen Tranks. „Trinkt das.“, sprach er. „Ich danke euch für das Angebot, aber ich möchte nicht.“ Doch das hätte sie nicht sagen dürfen. Es ist ein schlimmes Vergehen, einen angebotenen Schluck Met des Gastgebers abzulehnen. Und der König war nunmal der Gastgeber dieses Festes. Er zeigte sich sichtlich erbost und rief einen Diener. „Bringt sie in das Verließ!“ Anna, die gar nicht so recht verstand, wie ihr geschieht, wurde recht grob in Richtung der Gefangenenräume mitgezerrt. „Aber was hab ich denn verbrochen?“, fragte sie unentwegt bis einer der Diener ihr den Sittenbruch erklärte. „Unsere Majestät sieht in solchen Fällen drastische Bestrafungen vor. Ihr solltet euch in jedem Fall fügen, sonst wird sie noch schlimmer ausfallen.“ Im Verließ angekommen kettete man Anna mit einer Halskette an die Wand. Auf Fuß- und Handfesseln verzichteten die Diener. „Ihr werdet die Nacht hier verbringen müssen, bis euch morgen die Bestrafung erwartet.“ Als die Wachen eben den Raum verließen, erinnerte sich Anna wieder an ihren Traum. Es hatte sich also bewahrheitet, jetzt bleibt nur noch die Frage offen, wie schlimm die Bestrafung ausfallen würde. Am nächsten Tag wurde sie aus dem Verließ geholt mit Ketten um die Handgelenke nach draußen geführt. Es war fast Mittag und auf dem Hof begann man gerade mit dem Aufräumen. An den Tischen saßen noch zwei Wikinger, deren Köpfe auf den Tischen lagen, sie hatten es am Vortag nicht mehr nach Hause geschafft. Man weckte sie mit aller Vorsicht, denn den Schlaf eines Normannen sollte man nicht leichtfertig stören. Dann fiel Annas Blick auf einen dicken Pfahl, den sie am Festabend noch nicht erblicken konnte. Er ist erst aufgestellt worden. Zielstrebig marschierten die Wachen mit ihr daraufhin zu. Um den Pfahl herum befand sich ein kleines Podest, dass die Dreiergruppe bestieg. Dem Mädchen fielen sofort die Seile auf, die am Boden lagen. Dann nahm man ihr Handfesseln ab. „Entledigt euch eurem Kleid und eurem Unterrock!“ Nein, das konnte sie nicht, sich vor allen Leuten nackt ausziehen. Doch die Männer waren ungeduldig und zogen sie kurzerhand selbst aus. „Wendet euer Gesicht dem Pfahl zu und stellt euch dicht heran. Die Arme gen Pfahlspitze.“ Mit Unbehagen folgte sie den Befehlen, was blieb ihr auch anderes übrig? Schnell wurden ihr jetzt die Arme weit über dem Kopf an den Pfahl gefesselt. Auch ihre Fußgelenke wurde aneinander gebunden und schließlich schlang man ein Seil um ihre Hüften und dem Pfahl. Ohne weitere Worte verschwanden die Soldaten und Anna war allein. Nun ja nicht ganz, denn um ihr herum wuselten die Diener des Königs immer noch herum, aber kaum jemand beachtete sie, soweit Anna das feststellen konnte, denn der Pfahl nahm ihr die meiste Sicht. Die Sonne schien ihr auf den blanken Rücken und sie fragte sich ob dies denn schon die Strafe sei – nackt an einem Pfahl für wer weiß wie lange angebunden zu sein. Nach einigen Stunden wurde es doch zunehmend unangenehm am Pfahl zu stehen. Doch dann tat sich etwas. Der König und seine Gefolgschaft schritten aus dem Anbau der Königshalle. Plötzlich versammelte sich eine größere Menge an Dorfbewohnern. Jetzt wusste Anna, dass sie die eigentliche Bestrafung noch vor sich hatte. „Mein Volk“, sprach König Skarun, „dieses Weib hat vergangene Nacht gegen unsere Sittengesetz verstoßen. Sie lehnte einen Becher Met ab, den ich ihr als Gastgeber des heiligen Erntefestes anbat. Das Gesetz verlangt dafür zur Bestrafung der Schuldigen die Verteilung von dreißig Peitschenhiebe.“ Anna lief ein kalter Schauer über den Rücken. Wie sollte sie diese Tortur nur überstehen? Ein Raunen ging durch die Menge. In den Augen vieler ließ sich Mitleid erkennen, aber ebenso viele hielten die Strafe für gerecht. An das Gesetz muss sich nun mal ein jeder halten. Ein kräftiger Soldat tauchte neben Anna auf. Er hielt das gefürchtete Folterinstrument in seiner Hand: Eine drei Meter lange einschwänzige Peitsche. „Lasset die Betrafung beginnen“, war des Königs Kommando. Zunächst holte der Wikinger ein Tuch hervor und knebelte damit Anna. Dann holte er zum ersten Hieb aus. Die Peitsche verursachte ein fürchterliches Klatschgeräusch, als sie Annas Rücken traf. Ein roter Streifen, der brannte wie Feuer, verlief quer über ihren Rücken. Noch ehe sie sich erholen konnte traf der nächste und übernächste Schlag. Sie schrie so laut, das man den Knebel auch hätte weglassen können. In immer schnellerer Folge trafen sie die nächsten Hiebe. Dann waren die ersten zehn vollstreckt. Man gönnte ihr eine kurze Pause, die sie aber nur das Brennen auf der Haut umso intensiver spüren lassen sollte. Nun folgten die nächsten Schläge. Anna dachte sie verliere ihren Verstand,während die Peitsche immer und immer wieder bedrohlich surrend durch die Luft sauste und schmerzhaft aufschlug. Kurz vor dem zwanzigsten Hieb wurde ihr plötzlich schwarz vor Augen. Von da an bekam sie nichts mehr mit, nur noch ihr Körper zuckte bei jedem Treffer.
Quelle: http://derbdsmblog.files.wordpress.com