Innenstädte

Kennt Ihr das, wenn Ihr gerade den ein Schokoriegel zu viel gegessen habt und danach denkt: Warum hast dur nur schon wieder…

So ging es mir eben, als Ich, anscheinend in völliger geistiger Umnachtung, auf Twitter, das Ich ja nicht mehr nutze, auf den Hashtag “Innenstädte” geklickt habe.

Da kamen dann so erwartbare Sachen wie “Innenstädte werden ohne grosse Ankergeschäfte wie Karstadt oder Peek und Cloppenburg zur Einöde”, oder “Innenstädte sind gestorben weil man monatelang ja nur mit 2 G rein durfte!”. Oh Mann!

Und wieder einmal: Genau wegen solchem Schwachsinn, habe Ich Twitter verlassen.

Anyway!

Ja, als mir Spiegel Online gestern dann aufs Handy gepusht hat, dass Galeria Karstadt Dingsbums sowieso, oder wie auch  immer die neuerdings heissen, 52 von 129 Kaufhäuser schliessen will, war mein Erster Gedanke so: Hä, warum nicht gleich alle zumachen? Versteh Ich nicht.

Bis Ich dann nachgedacht habe und mir einfiel: Klar, wenn man alle Filialen auf einmal zumacht, sind ja keine mehr da für deren Rettung man dann noch mal Staatsknete abgreifen kann. Bevor man sie zumacht. Vielleicht.

Logisch!

Ja, Kaufhäuser!

Ich hab immer noch die schwärmenden Worte meines 1962 geborenen und leider viel zu früh verstorbenen Onkels in den Ohren, wie er von seinem “Wertheim” in Kaiserslautern schwärmte, in dem er sich seinen ersten eigenen Fernseher gekauft hat (“ITT Schaub Lorenz! Ordentliche deutsche Wertarbeit – nicht so ein China-Mist wie heute!”, sagte er, während er versuchte mit seinem Aldi-China-Akkuschrauber den Poco-Domäne-Kleiderschrank aufzubauen).

Jaja, das waren noch Zeiten, als ein Fernseher noch mehr als einen Monatslohn gekostet hat. Heute müsste Ich nachsehen wie viele Fernseher Ich für meinen Monatslohn bekomme!

Ich meine, Ich bin früher auch gerne noch ab und zu gerne ins Kaufhaus gegangen, nicht unbedingt weil Ich musste, sondern weil Ich wollte. 

Damals™, als das mit dem Internet noch mehr Neuland war als es heute noch ist, also so 2008 – 2012, da bin Ich auch recht gerne mal in Kaiserslautern in den Karstadt (oder ähnliche Läden) gegangen, bis der Mitte 2010 schloss. Denn, die Auswahl, also die Sortimentsbreite, nicht unbedingt die Sortimentstiefe, war sehr gross. Man bekam Grusskarten, Schreibwaren, Zeitschriften, Bücher, Porzellan, Kleinelektronik, DVDs, CDs, Spielzeug, Sportartikel, Kleidung, usw. 

Ich muss zugeben, wenn Ich heute eine neue Bettdecke bräuchte, müsste Ich erst mal eine Sekunde überlegen, wo Ich da hin gehe. Ach ja, in das Bettenfachgeschäft, in dem Ich 2011 meinen neuen Lattenrost gekauft habe! Früher wäre Ich da ohne nachzudenken einfach in den Karstadt gegangen. 

In Dresden steht ja noch einer, in den bin Ich auch immer wieder gerne gegangen – so lange, bis Ich ein Auto hatte und Ich keine Lust mehr hatte, in der Innenstadt Parkgebühren zu bezahlen. 

Wenn das parken da kostenlos gewesen wäre, Ich bin mir sicher, Ich wäre Ihm treu geblieben. Und ja, Ich mochte auch dieses etwas alte und abgeranzte so called “Restaurant” oben im letzten Stock, in dem man zu zivilen Preisen relativ passables Essen bekam. 

Mit einem Auto allerdings, war es für mich einfacher in den Elbe Park zu fahren, dort kostenlos zu parken, bei Ikea Köttbullar zu fressen und mich dort in 100 verschiedenen Geschäften zu verdingen, die mehr im Angebot hatten als Ich eigentlich an Auswahl gebraucht hätte.

Aber mal im Ernst: Wer geht denn heute noch in ein Kaufhaus? Leute unter 30? Kaum. Leute zwischen 30 und 40? Mal ab und zu. Eher Leute 60+ oder so. 

Heute, wo selbst ein Smartphone bei 70 Jährigen weiter verbreitet ist ist als zwei intakte Hüftgelenke, geht selbst diese Generation nicht mehr wegen jedem Furz ins Kaufhaus. 

Man muss auch bedenken: Menschen die heute 70 sind, waren im Jahr 2003 50! Mein Vater wäre jetzt 75 und Ich bin mir sicher, er hätte auch ein Smartphone!

Ich sehe es ja an mir selber: Wenn Ich heute etwas brauche, seien es Socken oder oder Bücher oder ein Mehrfachstecker oder ein Dosenöffner ein Schriftband für meinen DYMO-Labeldrucker oder Hausschuhe oder Bügelflicken für die Jeans oder Lack für den Grill oder Computerkabel oder eine SD Karte oder eine Flaschenbürste (alles ebay Bestellungen der letzten 12 Monate von mir) , dann bestelle Ich das im Internet. 

OK, manches wie z. B. eine externe HDD hab Ich mir die letzten Monate des öfteren mal bei Media Markt in der Filiale direkt gekauft, weil Ich es noch am gleichen Tag gebraucht habe. Hätte Ich das ein paar Stunden früher bemerkt, hätte Ich es aber auch bei Amazon per kostenloser Next-Day-Lieferung bestellen können. 

Ja, was sind das für Sachen, die Ich noch “offline” kaufe? Sachen, die Ich vorher ansehen will, anfassen will. 

Kleidung und Schuhe sind es nicht, da Ich da für meine Gewichtsklasse offline nichts bekomme. Es ist Werkzeug im Baumarkt bzw. “Werkstoffe” von dort (Holz, Schrauben, usw.), Sachen von denen Ich sehen muss, ob das genau das ist was Ich für das was Ich vorhabe brauche. Es sind Lebensmittel und Sachen des täglichen Bedarfs, die man so mitnimmt, wenn man klassisch einkaufen geht (Drogerieartikel usw.). Es wäre z. B. eine neue Matraze, auf der Ich natürlich probeliegen will. 

Aber Sachen, von denen man vor dem Kauf schon weiss, was für eine Beschaffenheit sie haben wie Bücher, ein Laptop, Mäuse, Tastaturen, Kabel, einen Fernseher oder einen Monitor vielleicht, eine Handyhülle bzw. gleich das ganze Handy, und so weiter, warum soll Ich die versuchen im Laden zu bekommen, mit der Chance, dass Ich da hinfahre, die das gar nicht haben und Ich dann mit leeren Hände zurück komme? Das ergibt keinen Sinn!

Für Innenstädte sehe Ich heute nur noch eine Chance, wenn Sie es schaffen das Einkaufen, oder nein, das Shoppen (!) zu einem Erlebnis zu machen.

Wohl gemerkt: Da gibt es einen Unterschied zwischen Einkaufen und Shoppen! Einkaufen ist wenn man Sachen kauft die man braucht, shoppen ist wenn man Sachen kauft die man eigentlich nicht braucht. 

Warum bin Ich denn in Dresden so gerne in den Elbepark oder die Altmarkt Galerie gegangen? Weil da hundert Geschäfte sind, die Ich alle fussläufig erreichen kann ohne dass mir kalt wird oder ohne dass Ich nass werde. Weil Ich da nicht nur einkaufen sondern auch essen gehen kann. Weil das Einkaufen da zum Erlebnis wird. 

Seit wir in Kaiserslautern die neue Mall haben gibt es viele Rentner die sich dort jeden Tag aufhalten. Nicht unbedingt um was zu kaufen, sondern um einen Kaffee zu trinken, sich mit Freunden zu treffen und vielleicht auch um ein wenig Bewegung zu haben ohne dabei nass zu werden oder zu frieren. Gebt bei Youtube bitte mal den Begriff “Mall Walkers” ein. Das sind Menschen in den USA, die mangels Bürgersteigen auf denen Sie spazieren gehen können (sowas ist im Autoland USA tatsächlich mancherorts schlicht nicht vorhanden!), mit dem Auto zu Ihrer lokalen Shopping Mall fahren um dann dort drinnen in schnellem Gehtempo (in Deutschland würde man dazu “Walking” sagen) zu laufen. Joa…

Und wenn Ich mir dagegen unsere Fussgängerzone ansehe, etwas trostloseres gibt es kaum. Keine einzige Blume, kein Grün, keine einzige Bank auf der man mal sitzen könnte, kein Flair, kein Charme, kein garnix!

Dresden hat dagegen geradezu eine Vorzeige Fussgängerzone! Andere, selbst kleinere Städte, strahlen da geradezu gegen dieses Trostlose Etwas von “Fussgänger-vergraulungs-Zone” in Kaiserslautern. Das ist kein Ort, an den man sich gerne und freiwillig begibt! Wirklich nicht! Und da fragen sich die Stadtoberen und die Ladenbesitzer echt noch, warum das ein aussterbendes Modell sein soll? Parkgebühren zahlen um in trostloser Einöde zwischen NanuNana und Bijou Brigitte zu wandeln? Nein Danke!

Eine Innenstadt, in die Ich gerne gehen würde, müsste Ich mittels Park and Ride kostenlos erreichen können. Sie müsste eine schmucke, bunte, begrünte Fussgängerzone haben in der sich Läden mit Restaurants / Imbissen / Eiscafes etc. in einer sinnvollen Abwechslung ergänzen. Sie müsste Brunnen und Bänke haben, die zum verweilen einladen, Sie müsste Mut zur Veränderung haben um sich den neuen Gegebenheiten anzupassen. 

Sie müsste all das sein, was Sie in Kaiserslautern zumindest im Moment nicht ist: Eine trostlose Einöde, in der um 19 Uhr oder so sprichwörtlich die nicht vorhandenen Bürgersteige hochgeklappt werden. 

Wenn Ich mir mal die “Haupt-Fussgängerzone” von Kaiserslautern, die Fackelstrasse ansehe, dann sind dort: drei Optiker, eine Bank, ein s.oliver, ein GameStop, eine Sparkasse, ein Blumenladen, drei Handyläden, vier Kleidergeschäfte, eine Galerie, eine Drogerie, ein Gemüsehändler, eine Nordsee, ein Tschibo, ein Hussel, ein Modeschnuckgeschäft, ein Douglas, ein Hunkemöller, ein H&M, ein P&C, und ein Schreibwarenladen. Das alles auf 250 Metern. In den anderen  Strassen, also in der Marktstrasse, Riesenstrasse und Kerststrasse sieht es nicht wesentlich besser aus. 

Dort ist noch ein Burgerladen der immerhin bis 22 Uhr offen hat, eine Bäckerei die schon um 15 Uhr schliesst, ein Juwelier, immerhin ein Eiscafe, das bis um 20:30 Uhr offen hat und eines das um 18 Uhr schon schliesst, ein Telekom Laden, ein Nagelstudio, ein Cafe, das um 17 Uhr schliesst, ein Inder der bis 21 Uhr offen hat, noch ein Optiker, ein Bettwaren Geschäft usw. 

Doch wenn man abends, so nach 18 / 19 Uhr da durch läuft, dann wirkt das alles tot. One Leben. Vereinzelt sieht man ein paar Menschen die in den wenigen Lokalen noch was essen aber sonst. 

Wenn Ich da an Fussgängerzonen in anderen Städten denke. Dresden wie gesagt oder Trier wo Ich letztens war. Das ist hell, das ist freundlich, das ist weit und offen. OK, in Kaiserslautern sind die Fussgängerzonen Strassen aus “normalen” Strassen entstanden, die Innenstadt ist da sehr dicht bebaut, es gibt da keine breiten Tangenten die man luftig gestalten kann. Dennoch. Wenn Ich da an andere Städte denke mit engem Stadtkern, die kriegen es doch auch hin! Mal das Pflaster in Ordnung gebracht, die Schlaglöcher repariert, ein paar Brunnen, Blumenkübel, Bänke und Bäume da hinzustellen, das kann doch nun wirklich nicht so schwer sein!

Nein, Kaiserslautern, so wird das nix! Mall hin oder her! Wenn Ihr da nicht in die Hufe kommt, könnt Ihr die Fussgängerzone auch gleich dicht machen…

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