Ja, wenn Ich mich die letzten Tage ein wenig in meiner Twitter-Blase umgesehen habe da wurde viel über das mal wieder erlassene “Böllerverbot” zu Silvester getratscht. Die sich selbst zur (oberen?) Mittelschicht zählenden Menschen denen Ich da so folge bzw. den Menschen denen die folgen denen Ich da so folge den konnte man förmlich dabei zusehen wie Ihnen den Sabber aus den Lefzen lief ob des wieder einmal verhängten Banns dieser barbarischen Tradition.
Ein wenig hat mich das gestört.
Warum, das würde Ich gerne hier erklären.
Ich habe vor einiger Zeit mal einen Artikel über Tempolimits auf deutschen Autobahnen geschrieben. Im Prinzip kann man die Motive dort eins zu eins abschreiben.
Böllern ist total hirnrissiger, blöder, barbarischer, anachronistischer Unfug! Punkt! Deswegen sollte man es nicht verbieten.
Böllern verschreckt Wuffi und Maunzi, es Sprengt Finger ins Nirvana (vor allem die guten “Polenböller”!), es zerstört Briefkästen (Alter, versucht nicht drei brennende D-Böller auf einmal in einen Briefkasten zu schmeissen! Das ist irre kompliziert zu timen sag Ich euch, Ich spreche da aus eigener Kindheitserfahrung!), es macht eine menge Dreck (Dreck, nicht Feinstaub! Nur ein Prozent der jährlichen Feinstaubmenge in Deutschland entsteht durch Silvesterknaller, das ist meiner Meinung nach vernachlässigbar. ) und Lärm und für die Stadtreinigung am kommenden Morgen auch eine Menge Arbeit.
Joa, so weit so un-schlimm würde Ich mal sagen, oder?
Auf Twitter flog mir dieser Tage dieser TAZ Artikel zu der Auslöser für diesen Artikel war. Ich habe es oben schon ein wenig angerissen: Im Grunde geht es darum dass einige Kommunen das Böllern einschränken oder verbieten weil Sie Sorge haben dass die Intensivstationen keine abgesprengten Finger aufnehmen können weil da überall Corona rumliegt oder so. Das scheint aber nicht nur bei näherem hinsehen Quatsch zu sein sondern auch bei oberflächlicher Betrachtung: Wie wahrscheinlich ist es dass sich jemand (selbst illegalen “Polenböllern”) so schwer verletzt dass er eine Intensivstation braucht? Selbst wenn er sich den halben Unterarm “weggesprengt” (Ich bezweifle hier mal einfach ernsthaft dass das geht, denn Polen ist auch in der EU und auch wenn die “Polenböller” mehr “Bums” haben als unsere wird auch dort kein Dynamit im Supermarkt verkauft.
Der Autor schreibt in der taz: “Der Verdacht liegt nahe, dass das großstädtische Öko-Milieu die Coronakrise dazu nutzen will, um sich eines Brauchs zu entledigen, den es kulturell ohnehin ablehnt. Böllern auf der Straße ist eine Bastion proletarischer Feierkultur, mit dem das gesittete Bürgertum schon immer wenig anfangen konnte. Um nicht mit dem Silvesterkrach belästigt zu werden, soll dann auch die sonst oft kritisierte Polizei einschreiten.”
Dem kann Ich eigentlich nichts mehr hinzufügen.
Ich meine, nicht das mir das aktive Böllern fehlt, Ich hab seit Jahren keine “Knaller” mehr gekauft. Einerseits ist es mir schlicht und ergreifend zu teuer, andererseits ist “Knallen” auch immer eher ein “Gruppending” für mich gewesen. Als Kind war Ich stolz wie Bolle dass Ich als 10-jähriger mit Papas “Fluppe” schon Raketen in den Himmel schiessen durfte. Ich kann mich an ein Silvester in Baiersbronn im Schwarzwald erinnern, da war es so kalt dass der Orangensaft im Glas gefror bevor man Ihn trinken konnte und es lag so viel Schnee dass man die Raketen in die weissen Berge am Strassenrand stecken konnte zum abschiessen. Das sind einfach wunderschöne Kindheitserinnerungen für mich, an Tage an denen man sich noch keine Kopf darum machen musste wie man die KFZ-Versicherung bezahlt die am 1.1. abgebucht wird oder die Stromnachzahlung.
Und Ich glaube es ist genau DAS was dem “gemeinen Proletarier” so viel Spass am böllern macht: Einfach mal was total unsinniges machen, niedere Urtriebe und Instinkte befeuern (“Ich haben Feuer gemacht!”), und das Geld das man eigentlich besser für die Nebenkostennachzahlung aufheben sollte sinnlos für schöne Farben in den Nachthimmel schiessen um eben mal ein paar Minuten NICHT an genau diese Nebenkostennachzahlung, die Leasingraten, die eigentlich schon seit Jahren beschissen laufende Ehe, das Arschloch von Chef das einem zwischen den Jahren keinen Urlaub gegeben hat, und so weiter denken zu müssen.
Genau für diese Menschen, die meiner Meinung nach einen immensen Teil und eine grosse Stütze der Gesellschaft ausmachen, gibt es Feuerwerk und eben nicht für die etwas abgehobenen “Champagner-Linken” in Ihrem Loft in Berlin Mitte oder in ihrem Alternativen-Ghetto in Kreuzberg. Für den klassischen, männlichen Proleten, meistens weiss, zwischen 20 und 60, vielleicht ein kleiner Schmerbauch, vielleicht ein Einkommen von 1500 – 2500 € Netto, der mit Frau und zwei Kindern in der Drei-Zimmer-Plattenbauwohnung lebt und jeden Samstag den BMW wäscht den er sich eigentlich nicht leisten kann während er darüber nachdenkt ob er 2022 “wieder Malle machen kann oder nicht”.
Vielleicht ist auch das ein Zeichen von Intolerant der meist ach so toleranten Linken. Vielleicht sollte man auch darüber mal nachdenken…
Siehe auch: Grüne fordern mehr Verbotszonen