Atmung I
Posted: September 1, 2010 in Praktiken
Schlagworte: Atementzug, atmen, Atmung, Breathplay, CO2, Gasmaske, Kohlenstoffdioxid,Sauerstoff, Untertauchen
Dies ist der erste Artikel der zweiteligen Serie zum Thema Atmung. Das nächste mal geht’s um die geschickte Nutzung bestimmter Techniken vor und während einer Session um diese intensiver zu erleben. Doch heute schreibe ich zunächst zu den Grundlagen beim Atmen und damit gekoppelt auch zum sogenannten Breathplay – also dem Spiel mit Atemluftentzug.
Richtiges Atmen?
Nun eines vorneweg: die eine richtige, wahre Atmungstechnik gibt es nicht, wie manchmal allerdings behauptet wird. Vielmehr gibt es sehr unterschiedliche Arten für den Menschen zu atmen – je nach Aktivität. Im normalen Ruhezustand atmet man meistens nur 6 mal in der Minute und zudem nimmt man nur wenig Luft auf. Nach einem Sprint auf größerer Distanz sollte man tief durchatmen wie es so schön heißt. Der Sänger atmet wieder ein wenig anders um seine Stimme optimal zur Geltung zu bringen und zuletzt atmet der Freitaucher vor seinem Tauchgang gezielt so, dass er dann möglichst lange die Luft anhalten kann.
Wie wird nun geatmet?
Man unterscheidet die Bauchatmung und die Brustatmung. Bei letzterer werden die Rippen durch die Zwischenrippenmuskulator erst nach außen und dann wieder nach innen gebogen. Bei der Bauchatmung hingegen wird bekanntermaßen das Zwerchfell aktiv. Und zuletzt kann man beide Varianten kombinieren, man atmet dann quasi mit dem gesamten Körper – die Mehrheit der Menschen macht dies jedoch quasi nie. Diese Technik hat den Vorteil, dass sehr viel Sauerstoff ins Blut gelangt und sehr viel Kohlenstoffdioxid entweicht und es empfiehlt sich daher für alle Sporttreibenden gezielt diese Art der Atmung zu trainieren. Aber genauso bietet sie den Vorteil, dass die eigene Stimme voluminöser klingt.
Was passiert bei Luftentzug?
Nun. Nach einer gewissen Weile meldet sich der Atemreflex. Er wird allerdings nicht durch Sauerstoffmangel, sondern durch einen Überschuss an CO2 ausgelöst. Normalerweise nimmt die Sauerstoffkurve in gleichem Maße ab wie die CO2-Kurve zunimmt, doch manchmal laufen die Kurven unterschiedlich – dann ist es wichtig diese Tatsache zu kennen. Atmet man zum Beispiel vor dem Luftanhalten über längere Zeit nur 2 Sekunden ein, aber 5 Sekunden aus, denn hat man sehr wenig CO2 im Blut. Entsprechend tritt der Atemreflex sehr spät ein, der Sauerstoff kann bis dahin aber schon vollständig verbraucht sein, so dass es zu einer schlagartigen Bewusstlosigkeit kommt und zwar wirklich gänzlich ohne Vorwarnung. Jetzt wird vielleicht auch deutlich warum immerwieder Einzelpersonen an ihren Atementzugsspielen versterben: Zum Beispiel wird eine Plastiktüte über den Kopf gezogen. Nach einer Weile ist der Sauerstoff aufgebraucht und lediglich CO2 enthalten. Das tükische an der Sache: man kann ja weiterhin Gase ein- und ausatmen – nur gewinnt man dabei nichts. Der Atemreflex wird zu einem gewissen Grad ausgetrickst. Irgendwann setzt er dennoch ein, denn schließlich gelangt immermehr CO2 ins Blut. Trotzdem, vorallem wenn man Grenzen ausloten will, passiert es hier leicht, dass eine plötzliche Bewusstlosigkeit eintritt. Ist dann keine Partner zur Hilfe, war’s das. Also lernen wir daraus: Nie und zwar wirklich absolut nie derlei Spiele ohne Partner versuchen! Never ever ever. Für alle mit Erkrankungen der Atemwege (auch Erkältung!) ist das Spiel mit Atementzug ohnehin zu gefährlich.
Wie lange lässt sich überhaupt die Luft anhalten?
Die erstaunliche Antwort: sehr lange. Der Weltrekord liegt bei 19 Minuten. Aber auch ohne langes Training kann jeder 2-3 Minuten schaffen. Hierzu ist es lediglich notwendig einen niedrigen Puls zu haben (<60) und ca. 2 Minuten konzentriert mit kombinierte Brust- und Bauchatmung zu atmen. Und dann muss man während des Luftanhaltens mit den Gedanken woanders sein… Ich selbst habe so locker meinen persönlichen Rekord von einer knappen Minute auf 3:20 gesteigert, innerhalb von nur einer Woche Übung. (Ich mache dies im Rahmen des Freitauchens) Aber beim Breathplay sind solche Zeiten utopisch!!! Denn allem voran findet dies ja im Rahmen sexueller Handlungen statt und demnach ist der Puls hoch, das Blut in Wallung, beim Luftanhalten wird Adrenalin ausgeschüttet, was letztlich zu einen euphorischen Erleben des Ganzen führt. Letztlich empfiehlt es sich für den Anfang mit 15-20 Sekunden Atementzug zu experimentieren.
Was gibt es nun konkret für Techniken beim Luftentzug?
1. Mund und Nase zuhalten. Nasenklammer eines Schwimmers und Klebeband können auch verwendet werden. Das Klebeband sollte einigermaßen schmerzfrei ablösbar sein.
2. Die Tüte. Sie sollte leicht zerreißbar und durchsichtig sein. Eine Abwandlung besteht darin 2-3 ca. 0.5 mm große Löcher einzubringen. Durch diese kann der Partner noch einigermaßen atmen, trotzdem bleibt die psychologische Komponente des Entzugs erhalten.
3. Gasmasken. Hier den Filter abschrauben und das Loch mit der Hand zuhalten. Beziehungsweise einen Schlauch anschrauben und diesen zuhalten. Problem: Das Gesicht ist größenteils nicht sichtbar. Es ist so für den Partner schwerer zu erkennen, wenn die Luft zur Neige geht.
4. Untertauchen unter Wasser. Unbedingt eine Nasenklammer verwenden. Subbie muss freie Sicht haben um den Moment des Eintauchens zu sehen um nicht unglücklicherweise gerade in diesem Moment einzuatmen. Verwendet man kaltes Wasser tritt der sogenannte Tauchreflex besonders deutlich zu Tage: Der Puls fällt merklich, die Durchblutung wird auf lebenswichtige Organe konzentriert. Man kann etwas länger die Luft anhalten. Kaltes Wasser heißt hier so 15-20 Grad.
5. Einschränkung durch enge Brustgurte. Oder auch durch ein sehr eng geschnürtes Korsett. Einen straffen Bauchgurt hingegen sollte man nicht anlegen, das löst leicht Panik aus. In lockerer Form aber okay.
6. Würgen und drosseln. Hier wird nicht die Luft, sondern die Sauerstoffzufuhr über das Blut eingeschränkt. Dies ist eine der Praktiken des BDSM, die ich grundsätzlich ablehne, weil sie zu gefährlich sind. Hierzu sind genaue Anatomiekentnisse notwendig um nicht schwerwiegende Verletzungen durch den Druck hervorzurufen. (zum Beispiel Verletzung der Schildknorpel)
7. Inhalation von Gasen, wie Lachgas. Auch dies lehen ich ab. Ab gewissen Konzentrationen droht je nach Gas das Ersticken oder es kommt zu toxischen Wirkungen. Lachgas wird auch heute noch gelegentlich zur Einleitung einer Narkose eingesetzt. Wer mal im Krankenhaus war und dem Anästhesisten so einige Angaben machen musste, kann sich leicht vorstellen, dass das Einatmen von Gasen zahlreiche Komplikationen (auch bei geringen Konzentrationen) verursachen kann. Ein Laie wird nie und nimmer in der Lage sein, dies abschätzen zu können.
Zum Abschluss noch einmal die Grundregeln zur Sicherheit beim Atementzug auf einem Blick
1. Immer zu zweit agieren. Für die gesamte Dauer der Session und wenigstens eine halbe Stunden danach!!! den Partner nicht aus den Augen lassen. Einzige Außnahme: Trockenübungen, bei denen man sich selbst Mund und Nase zuhält, um mal zu üben.
2. es sollten unbedingt Abbruchscodes ausgemacht werden.
3. Der Dominante muss einen ersten Hilfe-Kurs besucht haben und alle Kenntnisse aus dem FF anwenden können.
4. Handy immer in Reichweite, falls doch mal der Notarzt her muss. Wenn jemand bewusstlos ist und auch nach dem Spritzen von kaltem Wasser ins Gesicht oder leichten Klatschen mit der Hand gegen die Wange nicht innerhalb einer Minute wach wird, dann ist der Rettungswagen zu rufen und es sind entsprechend die lebensrettenden Sofortmaßnahmen einzuleiten.
5. Zum Beispiel beim Untertauchen im Wasser kann es auch einige Tage danach zu Problemen kommen: Kopfschmerzen, Brennen im Brustbereich, etc. Dann wurde vermutlich Wasser geschlucht. Hier ist ebenfalls ein sofortiger Besuch beim Arzt notwendig.
Quelle: http://derbdsmblog.files.wordpress.com