3. Ab ins Wasser
Die Sonne hatte ihren Zenit bereits überschritten und Anna rann der Schweiß in Strömen über den nackten Körper. Die Schmerzen von der Schlägen mit den Birkenzweigen waren nur noch schwach, aber die ganze Zeit aufgespannt zwischen den Bäumen stehen zu müssen strengte sie zunehmend an. Sie hörte wie der Söldner in ihre Richtung kam. Er nahm ihr die Augenbinde und den Knebel ab und gab ihr einen Schluck Wasser. Anna trank und dankte ihm. „Ich hoffe ihr seid jetzt gewillt uns zu sagen, was wir hören wollen.“ Anna zögerte. Sollte sie schon so schnell aufgeben? Aber was würde man mit ihr anstellen, wenn sie sich erneut widerstrebte? Sie dachte an all die Menschen in der Burg, viele davon waren ihr immer freundlich gesinnt, nein sie konnte diesem Söldner nichts verraten, das war Anna den Burgbewohnern schuldig. „Nein!“, sprach sie. „Nun denn. Ihr wollt es nicht anders. Henrik, wir müssen ihr nochmals etwas nachhelfen!“ Der Wikinger kam und gemeinsam banden sie Anna von den Bäumen los, um ihr gleich wieder die Hände hinterm Rücken zu fesseln. Henrik schlang ein Seil ober- und unterhalb ihrer Brüste. Tugord wickelte ein Seil um ihre Hüften und ließ es dann zwischen ihre Beine laufen. Er zog es sehr straff, so dass Anna stöhnte. Nun zerrte man sie Richtung See und legte sie auf den Boden. Schnell wurden noch die Füße aneinander gefesselt. An allen vier Stellen, wo man sie mit Seil fesselte, blieb zunächst noch ein guter Meter Seilende ungenutzt. Henrik Swanson nahm ein dickes Seil in die Hand und knotete eine größere Schlaufe in das eine Ende. Nun Tugord verwendete jedes der vier Seilenden, indem er es in die Schlaufe knotete. Dann wurde das andere Ende des dicken Seils um einen mächtigen Ast einer Eiche, die direkt am Seeufer stand, geschleudert. Tugord nahm Anna hoch und hielt sie waagerecht mit beiden Armen, während der Wikinger an dem Seil zog bis es sich straffte. Als der Söldner das Mädchen los ließ, flog sie frei durch die Luft. Da der Ast über dem See hing, schaukelte sie vom Ufer aus einige Meter Richtung Seemitte, dann wieder ein Stück zurück, wie ein Pendel. Nach einer halben Minute hing das Mädchen still – einen Meter über dem Wasser. Ihr war noch ein wenig schwindlig vom Schaukeln, als sie plötzlich nach unten sauste und ins Wasser eintauchte. Sie schloss den Mund, bekam aber etwas Wasser in die Nase. Der Wikinger zog am Seil und sie wurde wieder nach oben aus dem Wasser heraus gezogen. Kaum hatte sich das arme Mädchen vom ersten Schrecken erholt, ließ man sie schon wieder in den See fallen. Diesmal blieb sie länger unter Wasser. Sie glaubte schon fast zu ertrinken, als es endlich wieder nach oben ging. Sie spukte Wasser aus und atmete tief ein, als sie schon wieder untergetaucht wurde. Sie lief schon blau an, als der Wikinger sie wieder hochzog. „Aufhören“, schrie sie. „Habt ihr nun endlich eingesehen, dass euer erbärmlicher Widerstand nichts nützt? Seid ihr fortan gewillt uns die Antworten auf unsere Fragen zu geben?“, fragte Tugord. „Ja, ich schwöre! Aber bitte hört auf mit dieser Tortur!“ „Gewiss, gewiss. Nur hoffe ich für euch, dass ihr uns diesmal die Wahrheit verratet.“ „Ja doch.“, rief ihm Anna zu, die noch immer mitten über dem See hing. Tugord schlüpfte aus seinen Stiefeln und ging einige Schritte in das Wasser, bis er zu ihr gelangte, um sie dann Richtung Ufer zu tragen, während der Wikinger Seil nachgab. Anna wurde auf den Boden gelegt und blieb natürlich noch gefesselt. „Denkt daran, wenn ihr uns hinters Licht führen wollt, geht ihr gleich wieder baden.“ Über eine Stunde fragten sie Anna aus. Sie verriet alles, was die beiden wissen wollten. „Also dann, die Informationen sind zusammen getragen. Lasset uns aufbrechen!“ meinte Tugord. Hinrik musste nun seinem König die gewonnen Nachrichten überbringen, ebenso wie andere Späher der Wikinger, die in den Nachbarkönigreichen mit ähnlichen Methoden vorgingen, um Dinge in Erfahrung zu bringen. Falls es Nachfragen geben sollte, musste Anna mitkommen, ebenso Tugord, der zwischen den Sprachen übersetzten sollte. Im Gegensatz zuAnna wurde er dafür genügend entlohnt. Während Henrik alle Sachen zusammen suchte und die Trinkflaschen auffüllte, befreite Tugord Anna von den Seilen bis auf die Handfesseln, setzte sie auf sein Pferd und hing ihr eine Decke um, damit sie nicht fror. Dann stieg er selbst auf und setzte sich dabei hinter sie. Henrik hatte ebenfalls ein Pferd, doch stellte er sich beim Reiten sehr ungeschickt an. Es war ein Glücksfall, dass er nicht vom Sattel stürzte. „Wann lasst ihr mich wieder frei?“, fragte Anna zaghaft. „Gar nicht, ihr werdet uns bis in das Reich der Normannen begleiten.“ „Aber was soll ich denn da?“ „Das werdet ihr schon noch sehen! Und nun seid ruhig! Wenn ihr heute einen äußerst geschwätzigen Tag habt, dann wird euer Mündchen wohl bald wieder mit einem Knebel zum Schweigen gebracht.“ Vor ihnen lag ein Zwei-Stunden-Ritt bis zur Küste. Versteckt in einer Bucht lag ein Schiff der Wikinger, eine handvoll Krieger bewachten es. Zudem waren einige der ausgesandten Wikinger aus den Nachbarkönigreichen wieder heimgekehrt. Viele Königreiche lagen hier eng beieinander, so dass es einige Goldtaler auf einem Schlag zu holen gab. Als Henrik Swanson ankam, begrüßte man ihn freundlich. Anna zog man die Decke weg und nahm sie mit auf das Schiff. Viele Wikinger schauten ihr lüstern nach. Anna selbst ging mit hochrotem Gesicht und gesenktem Kopf über das Deck. Es war ihr unendlich peinlich, völlig nackt den Blicken der Wikinger ausgeliefert zu sein. Man brachte sie in einen kleinen Raum unter Deck, der spärlich durch eine Lampe ausgeleuchtet war. Ein Krieger nahm ein Tuch und knebelte sie damit, das arme Mädchen begann leise zu schluchzen. Dann stülpte man ihr einen stinkenden Sack über. Nur wenig Licht drang durch das dicke Gewebe. Der Sack wurde zugebunden und man ließ Anna allein. Sie hatte furchtbare Angst. Was würde man mit ihr machen? Würde sie je wieder nach Hause kommen? Am Abend traf ein weiterer Wikinger ein. Anna hörte wie eine andere Frau hierher gebracht wurde. Auch sie war geknebelt und wurde in einen Sack gesteckt. Dann verschwanden ihre Entführer und schon kurze Zeit später begann das Schiff zu schaukeln. Eine viertägige Reise bis an die Küste der Normannen stand den beiden bevor.
Quelle: http://derbdsmblog.files.wordpress.com